Die Wissenschaft der Überzeugung
Ich fasse heute heisse Eisen an, die die Emotionen hochbringen –
es geht um Wissen und um Glauben! Was meinst Du, handelt es sich hier um Gegensätze?
„Glauben heisst, nicht wissen – und wenn man weiss, braucht man nicht mehr zu glauben!“ – ist das Dein Standpunkt und Du ein Sammler des Wissens? Bist Du Dir bewusst, wie Du das machst?
In der Schule früher wurden wir zumeist als Wissenssammler ausgebildet: dieses wurde durch Bücher vermittelt. Manchmal auch durch eigene Anschauung im Physiksaal – wobei der Ausgang des Versuchs dessen Leiter im Allgemeinen vorher bekannt und erwartet war.
Was wird von Dir als Wissen akzeptiert? Geschriebenes Wort per se hat heute ja einiges an Glaubwürdigkeit eingebüsst. ;-o Upps, welch Ausrutscher der deutschen Sprache! Hast Du den jetzt bemerkt?
Oder glaubst Du – Glauben im Sinne von überzeugt sein, sicher sein ohne in Frage zu stellen? Und an was lohnt es sich zu glauben?
Oder hältst Du es vielleicht mit Sokrates in seinem Ausspruch:“oîda ouk eidōs – Ich weiß, dass ich nicht weiß“ – und dieses Wissen um das Nichtwissen ist die Basis für ein wissenschaftliches Denken, das alles vermeintliche Wissen in Frage stellt?
Wenn Du denkst Du denkst…
Was bedeuten diese Ansätze im praktischen Leben, wo man Realitäten braucht, um angemessen damit interagieren zu können?
Die möglicherweise überraschende Antwort wollen wir hier erarbeiten:
Welche der Erfahrungen, Einsichten und Hypothesen sind Dir von Nutzen, und welche können Dich behindern?
Im Alltagsleben haben wir gar nicht die Gelegenheit, alles zu hinterfragen: wir handeln nach bewährtem Modell, nach Vorstellung, nach Vorschrift und nach Rangordnung. Als Herdentier ist auch der Mensch darauf eingerichtet, zum grossen Teil zu folgen – dem, dem wir mehr Kompetenz zumessen als uns selbst, und von dem wir uns Schutz und Versorgung erwarten. Solche Positionen haben also grosse Macht und grosse Verantwortung – so wie Regierende, Meister, Verkäufer, Lehrer und Ärzte, aber auch Forscher und Spezialisten in ihrem jeweiligen Fach. Ihr suggestiver Einfluss ist nicht zu bezweifeln –
welche Einstellungen sind nun sinnvoll, durch sie vermittelt zu werden?
Lassen wir hier einmal medizinische Forscher zu Wort kommen, die bisher geglaubtes Wissen über die Auswirkung unserer Vorstellungskraft, oder deren Grenzen, näher untersucht haben:
Im Juni 2002 wurde eine Studie der Department of Veterans Affairs (VA) and Baylor College of Medicine veröffentlicht im July 11 New England Journal of Medicine, in der 180 Patienten mit therapieresistenter Osteoarthritis (entzündliche Degeneration) des Knies eine Arthroskopie erhielten.
In 3 Gruppen aufgeteilt, erhielt die erste Gruppe ein Débridement (chirurgische Entfernung von infiziertem, geschädigtem oder abgestorbenem Gewebe), die zweite Gruppe erhielt eine Lavage (Ausspülung losen Knorpelgewebes). Bei der dritten Gruppe wurde ein Einschnitt gemacht und die Wunde wieder verschlossen, aber keinerlei Gewebe wurde aus dem Knie entfernt.
Keiner der Patienten war informiert, welche Behandlung sie erhalten hatten. Auch die Chirurgen wussten nicht, welche Prozedur jeweils durchgeführt werden würde, bis das Knie eröffnet war. Dann jedoch simulierten sie neben einer Aufnahme des Débridement die Operation des narkotisierten Patienten mit.
Auch während der darauf folgenden zweijährigen Überwachungsphase wusste keiner der Patienten, welchem Behandlungstyp sie unterzogen worden waren.
Es zeigte sich, dass die Behandlungsergebnisse der „Placebo-Gruppe“ denen der anderen Gruppen in keinem Fall unterlegen waren, in einzelnen Fällen jedoch Vorzüge aufwiesen.
Schmerzfreiheit und Beweglichkeit selbst zu einem Zeitpunkt 7 Jahre nach der Operation wurde rapportiert [1].
In dem englischen Videoausschnitt erklärt der Chirurg, Prof Dr. Bruce Moseley, er sei durch diese Ergebnisse zum Glaubenden (believer) an die Kraft der Vorstellung – den „Placebo-Effekt“ geworden.
Konsequenzen für die moderne Medizin
In diesem Versuch waren die Probanden nicht glauben gemacht worden, sie alle bekämen eine „richtige“ Operation. Die drei Alternativen waren bekannt, und niemand wusste zu irgendeiner Zeit vor Ende der Untersuchung nach 2 Jahren, zu welcher der Gruppen er gehörte.
Damit liegt nahe, dass der Heilerfolg in der Placebogruppe nicht durch Suggestion durch den Arzt und die primäre Erwartung „diese Behandlung wird mir helfen“, sondern eher durch die eigene gesteigerte Aufmerksamkeit für positive Körperwahrnehmung und Veränderung eingeleitet wurde. Die Wahrnehmung wurde dann interpretiert als Zeichen, dass man offensichtlich zur Gruppe mit der „richtigen“ Operation gehöre, wodurch der Glaubenseffekt gestärkt wurde.
Diese Patienten, die später wieder ohne Stock gehen, tanzen, und sogar Basketball spielen konnten, waren fest davon überzeugt, durch den chirurgischen Eingriff geheilt worden zu sein – bis sie nach 2 Jahren erfuhren, dass ihr Organismus dieses Wunder selbst vollbracht hatte.
Wenn dies in vorher therapieresistenten Fällen möglich ist, wie sinnvoll kann es für den Patienten sein, dass ihm seine eigenen Ressourcen zugänglich gemacht werden? Oder sollten Arzt und Patienten an der alten Vorstellung festhalten, Gelenkverschleiss sei ein unumkehrbares Faktum? Dieses veraltete „Wissen“, das von „verantwortungsvollen“ Therapeuten weiter im Mund geführt wird wirkt, wenn es nicht offiziell aus der Medizin verabschiedet wird, als Nocebo – negative Suggestion – der möglichen Heilung entgegen.
Wissen und Glauben – für mich sind das Synonyme, die eine starke positive oder negative Kraft ausüben. Wie kannst Du sie in Deinem Sinne beeinflussen? Hier gehts lang!
Kora sagt:
Zum Thema „Selbstheilung und der innere Arzt“ gibt es eine tolle Dokumentation, die auf Arte ausgestrahlt wurde: https://www.youtube.com/watch?v=M3O_hxmUmbI
13. Oktober 2017 um 11:22